"Kampberg – mehr als eine Moorsiedlung": Ausstellung im Ortsmuseum Tutzing
Der Tutzinger Ortsteil Kampberg steht nicht häufig im Mittelpunkt des Interesses – schade eigentlich. Denn der als kleine Moorsiedlung entstandene Ort weist eine kurze, jedoch sehr abwechslungsreiche Geschichte auf: von wenigen Hütten und Eisenbahnwaggons auf moorigem Grund bis zur beliebten Wohngegend mit zahlreichen Gewerben ist viel passiert.
Wussten Sie, dass es ohne die Moore und die Torfstecherei den Ort so nicht gegeben hätte? Welche Rolle spielten dabei die Eisenbahn und der Bahnhof Diemendorf? Und was hat das alles mit dem Klimawandel zu tun? Diesen Fragen geht eine Sonderausstellung der Initiative „Tutzing klimaneutral 2035“ im Tutzinger Ortsmuseum auf den Grund. Anhand von historischen Dokumenten und Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen wird die bewegte Geschichte Kampbergs nachgezeichnet und erlebbar gemacht.
Doch auch die Gegenwart kommt nicht zu kurz. Denn Moore wie sie rund um Kampberg und Tutzing zu finden sind, spielen eine große Rolle, um dem Klimawandel zu begegnen. Sie speichern CO2, Wasser und sind Hotspots der Biodiversität. So lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit, um den Herausforderungen der Gegenwart zu begegnen.
Kommen Sie ins Tutzinger Ortsmuseum und entdecken Sie die vielfältige Ortsgeschichte Kampbergs – und erleben Sie den Zauber des Moores.

Veranstaltungen zur Ausstellung
16. Mai 2025, 17.00 Uhr, Museum
Eröffnungsfeier
Sonja Bonneß, Martin Held & Günter Schorn, Kuratorin:nen
17. Mai 2025, 14.30 Uhr, Museum
Kampberg – persönliche Erinnerungen
Führung Altbürgermeister Peter Lederer, Schirmherr der Ausstellung
14. Juni 2025, 14.00 Uhr, Museum
Moore – Geschichten zum Klimawandel
Führung Günter Schorn, Kurator
04. Juli 2025, 18.00 Uhr, Kampberg Wickenweg 6
Torfstiche am Stockerbichl – Zukunftsperspektiven
Führung mit Frank Nölting, Förster Gut Ilkahöhe
7. Juli 2025, 19.00 Uhr, Museum
14. Tutzinger Klimasalon – „Moorgeschichte für die Zukunft. Was wir von gestern für morgen lernen können“
Tutzing klimaneutral 2035, Sonja Bonneß
Anna Loy, Archäologin, Tutzing
8. Oktober 2025,19.30 Uhr, Kulturtheater Tutzing,
Kriminalroman „Moorlichter“
Lesung, Nicola Förg, Autorin, Prem am Lech
Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
Im Zuge unserer Recherchen haben wir mit vielen Menschen aus Kampberg gesprochen, die die Torfstecherei noch miterlebt haben. Eine Auswahl können Sie hier als Video ansehen.
Interview mit Peter Lederer
Peter Lederer wurde in Diemendorf in der Gastwirtschaft seiner Großeltern geboren. 1954 zog er mit seinen Eltern nach Tutzing ins Fischerbuchet. Die ersten drei Schuljahre ging er in Haunshofen in die Schule, danach in Tutzing. 1963 begann er eine Ausbildung als Diplom-Verwaltungswirt bei der Gemeinde Tutzing. Mit 24 Jahren wurde er geschäftsleitender Beamter, der jüngste in Oberbayern zu dieser Zeit. 1973 zog er mit seiner Frau nach Monatshausen. Von 1996 bis 2008 war er Bürgermeister von Tutzing; anschließend wurde ihm der Titel Altbürgermeister verliehen.
Interview mit Helmut Liegl
Helmut Liegl wuchs die ersten Jahre seines Lebens in einem Eisenbahnwaggon in Kampberg auf, den sein Vater Lorenz Liegl gekauft hat. Zum Grundstück gehörte auch ein Torfstich, welcher der Familie als Heizmaterial diente. 1945 baute sein Vater an dieser Stelle dann ein Haus.
1959 heiratete Helmut Liegl nach Bernried, wo er bis heute lebt. Weil sein Vater nicht akzeptieren wollte, dass er für eine Ausbildung als Steinbildhauer, Kirchenmaler und Stuckateur nach Köln geht, „musste“ er eine Zimmererlehre machen und ging später zur Eisenbahn. Schließlich wurde er Bahnhofsvorsteher am Bahnhof Diemendorf in Kampberg, bis kurz vor seiner Pensionierung die Haltestelle aufgelöst wurde. Außerdem war er nebenberuflich Jäger und kennt sich im weitläufigen Gebiet zwischen Kampberg und Bernried bestens aus. Bis heute ist er ein umtriebiger Kunsthandwerker und ist vor allem für seine Gamsbärte über die Grenzen Bayerns bekannt.
Interview mit Josef Hasch
Josef Haschs Großvater war Metzger und Landwirt und kaufte 1908 die Bahnhofswirtschaft. Dazu kaufte er mehrere Grundstücke und betrieb sowohl Landwirtschaft als auch die „Bahnhofsgaststätte von Josef Hasch“. Die Familie besaß auch Torfstiche und Wiesengrundstücke. Josef Hasch half als Junge bereits in der Wirtschaft mit, die ein wichtiger Treffpunkt in Kampberg war. Später half Josef auch im Torfstich und in der Landwirtschaft und arbeitete dann als Baggerführer. Er übernahm schließlich die Bahnhofswirtschaft, betrieb sie selbst aber nie. Um 1970 wurde die Wirtschaft geschlossen, da sich keine Pächter mehr fanden. Josef Hasch wohnt nach wie vor in dem Haus, welches früher zu Diemendorf gehörte und erst im Zuge des Straßenausbaus in den 70er Jahren eine Kampberger Hausnummer bekam.
Das Team hinter der Ausstellung

Warum beschäftigen sich drei „Zugereiste“ mit Kampberg, einem Ortsteil von Tutzing, der ein bisschen versteckt im Wald liegt und für den sich bisher nicht viele Leute interessiert haben?
Alles begann 2022 mit dem Moor. Die neu gegründete AG Moore der Initiative „Tutzing klimaneutral 2035“ hatte sich vorgenommen, Moore im Gemeindegebiet zu renaturieren, um so zur Klimaneutralität beizutragen. In mehreren Exkursionen erkundeten wir verschiedene Gebiete und waren begeistert von der Vielfalt und mystischen Schönheit der Moore rund um Tutzing.
Besonders Kampberg stellte sich als ein spannendes Gebiet heraus – wie spannend erfuhren wir dann aber erst durch verschiedene Gespräche und Quellen. Denn der Ort liegt nicht einfach zufällig auf Moorgebiet, er ist überhaupt erst entstanden, weil dort Moor ist – scheinbar wertloser Grund, der durch Torfstecherei immerhin etwas genutzt werden konnte. Auch die Eisenbahn spielte mit hinein – denn was macht der Bahnhof „Diemendorf“ eigentlich in Kampberg?
Unsere Neugier war geweckt und wir forschten weiter nach. Eine Veranstaltung zum Thema „Kampberg, eine Torfstechersiedlung“ im alten Bahnhof in Kampberg stieß auf großes Interesse und viele alteingesessene Kampberger und Kampbergerinnen teilten ihre Erinnerungen mit uns. Spätestens da war klar: Hier haben wir einen kleinen Schatz, den es zu bergen gilt, denn diese Geschichten werden bald verloren gehen. Und so fassten wir den Plan, die historische Entwicklung von Kampberg, der Eisenbahn und der Torfstecherei aufzuarbeiten und im Ortsmuseum Tutzing einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
War uns klar, was da auf uns zu kam? Vielleicht nicht. Viele Stunden ehrenamtliche Arbeit, viele Besuche in Archiven, zahlreiche Interviews und viele Stunden am Computer waren nötig, um Material zu sichten und zusammenzutragen. Doch es war auch inspirierend und bereichernd – ganz besonders die Gespräche mit den Kampbergerinnen und Kampbergern, die uns von ihren ganz unterschiedlichen Lebenswegen, von der Kindheit im Moor, der Torfstecherei und einer sich rasant ändernden Ortsgemeinschaft erzählt haben. Nicht selten fuhren wir nach den Interviews gerührt und beseelt nach Hause.
Nun ist die Ausstellung fertig. Herausgekommen sind zumindest Anfänge einer Aufarbeitung der Ortsgeschichte und die besondere Rolle der Moore, der Torfstecherei und der Eisenbahn in diesem Stück Zeitgeschichte. Und es hat sich gezeigt, dass ein Blick in die Vergangenheit lohnt, um die Probleme unserer Zeit besser zu verstehen und passende Lösungsansätze zu finden. Wer das Leben im und mit dem Moor versteht, dem ist schnell klar, warum diese einzigartigen Lebensräume geschützt werden müssen.
Wir hoffen, dass wir unsere Begeisterung für Moore und Kampberg weitergeben und für andere ein kleines Stück erlebbar machen können und laden herzlich ein ins Ortsmuseum Tutzing.
Sonja Bonneß, Martin Held und Günter Schorn von der AG Moore
Kampberg – mehr als eine Moorsiedlung. Geschichten über Eisenbahn, Torfstecherei und Klimawandel
Ausstellung Ortsmuseum Tutzing | Graf-Vieregg-Straße 4, Tutzing | 16. Mai 2025 – 15. Februar 2026
Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag von 14:00 bis 17:00 Uhr